Wie geht es Frauen nach einem Abbruch

Systematic Review of Induced Abortion and Women’s Mental Health
Psychische Folgen des Schwangerschaftsabbruchs – brauchen Frauen eine psychologische „Nachbetreuung“?

Die wenigsten Frauen haben nach einem Schwangerschaftsabbruch lang anhaltende psychische Probleme, sofern sie vorher gut informiert wurden, eine klare Entscheidung getroffen haben, sowie in einer angenehmen Atmosphäre optimal medizinisch betreut wurden. Wichtig für eine gute Verarbeitung ist allerdings auch eine soziale Akzeptanz.
Zeitweise Phasen der Traurigkeit sind Teil eines ganz normalen Verarbeitungsprozesses, wie in jeder anderen Krisensituation auch.

Frauen leiden nach einem Abbruch nicht an einem „Post Abortion Syndrom“ – es ist unbestritten, dass einzelne Frauen Mühe haben den Abbruch zu verarbeiten. Der Abbruch ist aber in den seltensten Fällen die Ursache dieser psychischen Schwierigkeiten – das sogenannte PAS ist eine Erfindung religiös motivierter Aktivisten und hat keine medizinische Grundlage. Die APA (American Psychological Association) hat PAS nie anerkannt und 1989 u.a. dazu veröffentlicht:

  • Falsche Behauptungen über angeblich weit verbreitete schwerwiegende psychische Auswirkungen der Abtreibung werden als Argument für restriktive Abtreibungsgesetze verwendet.
  • Unwissenschaftliche öffentliche Erklärungen über psychische Reaktionen nach ungewollter Schwangerschaft und Abtreibung können ihrerseits emotionalen Stress auslösen
  • Die wissenschaftlichen Erkenntnisse stimmen weitgehend darin überein, dass der legale Abbruch einer Schwangerschaft im ersten Trimenon, für die meisten Frauen keine psychischen Risiken birgt.
  • Die wissenschaftlichen Daten unterstützten in ihrer ganz großen Mehrzahl die Schlussfolgerung, dass die Wahlfreiheit und der selbstverantwortliche Entscheid der Frau in kritischen Lebenssituationen ihre psychische Gesundheit fördern.

Wenn etwas ungewollt schwangere Frauen traumatisieren kann, dann ist es der Moralterror von religiösen Fanatikern und deren irreführende Propaganda.

Eine aktuelle grosse Analyse aller diesbezüglichen Studien kommt zu folgendem Ergebnis:

  • Ein Schwangerschaftsabbruch hat keine Auswirkung auf psychische Probleme im späteren Leben. Für die psychische Gesundheit von Frauen macht es keinen Unterschied, ob sie eine Schwangerschaft abbrechen oder austragen.
  • Das Risiko für psychische Probleme ist erhöht, wenn eine Schwangerschaft ungewollt ist.
  • Bei einer ungewollten Schwangerschaft ist die Häufigkeit von psychischen Problemen unabhängig davon, ob diese abgebrochen oder ausgetragen wird.
  • Das größte Risiko für psychische Probleme nach einem Abbruch haben Frauen, die bereits vor dem Abbruch psychische Schwierigkeiten hatten.
  • Das Risiko für psychische Probleme nach einem Abbruch ist auch erhöht, bei Frauen mit einer grundsätzlich negativen Einstellung zu einem Abbruch, wenn sie von ihrem Partner zu einem Abbruch überredet wurden oder wenn zu diesem Zeitpunkt andere belastende Ereignisse passieren.

(Systematic Review of Induced Abortion and Women’s Mental Health published by the Academy of Medical Royal Colleges, UK, December 2011)

Im folgenden finden Sie noch drei ausgewählte Studien zum Thema psychische Folgen nach einem Schwangerschaftsabbruch:

  1. Nancy Russo (Psychologin/Women´s Studies, Arizona State University) präsentierte auf einer Tagung in Bern 2001 zum Thema „Psychische Folgen des Schwangerschaftsabbruchs“ eine Studie (Russo & Zierk,1992) in der 5295 Frauen von 1979 bis 1982 jährlich nach ihrem Wohlbefinden befragt wurden. Es stellte sich heraus, dass der wichtigste Bedingungsfaktor für das psychische Wohlbefinden im Jahr 1987 und für Depressionen im Jahr 1992 das Wohlbefinden 1980 war – völlig unabhängig davon, ob die Frau in der Zwischenzeit einen Schwangerschaftsabbruch hatte oder nicht. Berufstätigkeit, höheres Einkommen, längere Ausbildung und kleinere Kinderzahl waren unabhängig voneinander positive Einflussfaktoren für das Wohlbefinden im Jahr 1987. Hingegen konnte kein unabhängiger Zusammenhang zwischen einem SA und dem psychischen Wohlbefinden nachgewiesen werden.
  2. In einer weiteren Studie von Russo (2001) wurden die Antworten einer Stichprobe von rund 2500 Frauen im Rahmen einer nationalen Gesundheitsbefragung analysiert. Frauen, die über einen SA berichteten, zeigten dabei häufiger Depressionen und hatten öfter Selbstmordgedanken als die Vergleichsgruppe. Gleichzeitig berichteten sie aber auch häufiger über erlebte Vergewaltigungen, über körperliche und sexuelle Gewalt in der Kindheit und über gewalttätige Partner. Wenn diese Faktoren berücksichtigt wurden, gab es wiederum keinen Zusammenhang zwischen einem SA und einem schlechteren psychischen Gesundheitszustand. Das vorbestehende psychische Befinden bestimmt das Befinden einer Frau nach dem SA. Physische Gewalt und sexueller Missbrauch haben einen entscheidenden Einfluss auf das vorbestehende Wohlbefinden. Der SA steht hier in „Wechselbeziehung“ und ist nicht zu verwechseln mit der „Ursache“.
  3. Anne Gilchrist (1995) (Psychologin/Royal Cornhill Hospital UK) arbeitete an einer Studie in England mit, an der 13000 Frauen, die ungewollt schwanger geworden waren, beteiligt waren und ihr Einverständnis gegeben hatten, dass in den Folgejahren ihre Hausärzte gesundheitliche Daten an das Forscherteam weitergab Das Risiko psychologischer Probleme von Frauen, die eine ungewollte Sschwangerschaft abbrechen ließen (n= 6410) wurde mit jenen verglichen, die keinen Abbruch durchführen ließen (n=6151). Von 1976 bis 1987 wurden die gesundheitlichen Daten der Frauen verglichen. Resultat: Berücksichtigt man die psychiatrische Vorgeschichte der Frauen, dann haben Frauen nach einem SA nicht häufiger psychische Probleme als Frauen, diejenigen die die Schwangerschaft austragen. Bei jenen Frauen, die schon früher psychische Schwierigkeiten gehabt hatten, traten häufiger psychische Probleme auf als bei Frauen, die vorher keine psychischen Probleme hatten – und zwar sowohl in der Gruppe der Frauen die die SS austrugen als auch in der Gruppe, die einen Abbruch durchführen ließen.

Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Schwangerschaftsabbruch an sich nicht mit einem erhöhten Risiko späterer psychischer Störungen verbunden ist. Vorbestehende psychische Probleme erhöhen das Risiko, ob nun die
Schwangerschaft ausgetragen oder abgebrochen wird.

Dieses Wissen kann für die einzelne Frau, die vor dem Entscheid steht wichtig sein und es ist wichtig für Personen, die in der Beratung tätig sind! Risikofaktoren, die eine Verarbeitung eines Schwangerschaftsabbruchs erschweren
können, sind psychische oder psychiatrische Vorerkrankungen – aber auch eine Entscheidung auf äußeren Druck hin, ungünstige Umstände unter welchen der Eingriff stattfindet, eine geringe soziale Unterstützung und eine bereits weit fortgeschrittene Schwangerschaft.
Das vorbestehende psychische Befinden bestimmt im Wesentlichen das psychische Befinden einer Frau nach einem Schwangerschaftsabbruch. Der Schwangerschaftsabbruch an sich ist nicht mit einem erhöhten Risiko späterer
psychischer Störungen verbunden.

Es gibt auch keine Belege dafür, dass Trennungen in Partnerschaften nach Schwangerschaftsabbrüchen häufiger vorkommen als bei Paaren, die keinen Abbruch erlebten. Eine gemeinsame Haltung bei der Entscheidungsfindung kann die Partnerschaft stärken.
Wir erleben es immer wieder, dass für viele Frauen ist die Zeit bis zum Abbruch viel belastender ist als der Eingriff selbst oder die Zeit danach. Gespräche und Unterstützung in einem Umfeld das „Akzeptanz in Wohlwollen“
vermittelt, sowie verständnisvolle FreundInnen, Partner und FrauenärztInnen sind hilfreich bei der weiteren psychischen Verarbeitung, so wie bei jeder größeren Entscheidung im Leben.

Eine ungewollte Schwangerschaft und die daraus resultierende Entscheidung zu ihrem Abbruch ist ein wichtiges, manchmal auch schmerzhaftes und oft das Leben veränderndes Ereignis, das durchaus auch positive Folgen haben kann. Wie andere wichtige Lebensereignisse kann dieser Prozess einen Zuwachs an Kompetenz für die eigene Lebensgestaltung mit sich bringen.

Der Ausbau zusätzlicher psychologischer Beratungsstellen wird als nicht notwendig erachtet. Das vorhandene Netzwerk an Beratungsmöglichkeiten z.B. in Salzburg (Frauengesundheitszentrum ISIS, Sexualberatungsstelle, Psychosomatische Ambulanz am SJS,  Frauentreffpunkt, , Familienberatungsstellen des Landes, Familienberatungsstelle der ProJuventute, Aktion Leben etc…) deckt unserer Ansicht nach die Nachfrage sehr gut ab. Schließlich ist nicht zu erwarten, dass das Angebot des Abbruchs in Salzburg eine Auswirkung auf die Gesamtzahl an Abbrüchen hat.

Noch ein Gedanke zum Schluss:
Ein Schwangerschaftsabbruch ist nichts, worauf eine Frau stolz ist. Es ist auch nichts, worüber sie sich zu schämen braucht. Es ist ganz einfach etwas, das zu einem Frauenleben gehören kann.

Quelle: Mag. Petra Schweiger/Frauengesundheitszentrum ISIS

Psychische Reaktionen auf einen Schwangerschaftsabbruch

„Wenn eine ungewollte Schwangerschaft eingetreten ist, gibt es keine psychisch schmerzfreie Lösung dieser Situation. Ein Abbruch kann möglicherweise zu Gefühlen von Bereuen, Schuld oder Verlust führen. Aber auch die Alternativen, wie erzwungene Heirat, Adoptionsfreigabe des Kindes oder die zusätzliche Belastung eines ungewollten Kindes in einer bereits angespannten Beziehung können zu psychischen Problemen für die Frau, das Kind und die Gesellschaft führen. …
Schwere psychische Reaktionen auf einen Abbruch sind selten. Auch Psychosen kommen nur in Ausnahmefällen, mit einer Häufigkeit von 0,3 bis 1,2 auf 1.000 legale Abbrüche vor. Es wurden viele Einzelfallberichte und anekdotische Erzählungen publiziert. Ihnen gemeinsam ist jedoch, daß es dabei keinen klaren Hinweis auf eine ursächliche Verbindung zu dem Abbruch gibt. Obwohl einzelne Frauen und ihre Familie durchaus mit einer überwältigenden emotionalen Antwort auf dieses Ereignis reagieren, kommt dies sehr selten vor.

In der Literatur wurden folgende Frauen als besonders gefährdet für eine negative Reaktion beschrieben, weshalb ihnen eine spezielle Nachbetreuung angeboten werden sollte: Frauen, welche
•  eine gewollte Schwangerschaft aus medizinischen Gründen abbrechen
•  in ihrer Entscheidung von ihrem Partner/den Eltern nicht unterstützt werden
•  gedrängt wurden eine Entscheidung zu treffen, die sie später bereuen
•  mit tiefen religiösen Überzeugungen in Konflikt kommen
•  generell unsicher sind ob sie schwierige Situationen meistern können
•  sich selbst die Schuld geben, daß sie schwanger geworden sind
•  die Entscheidung zum Abbruch erst im zweiten Trimenon treffen konnten
•  vorhergehende psychische Probleme hatten.

Die große Mehrheit der Frauen wird sowohl kurz nach einem Abbruch, als auch für einige Zeit danach, eine Mischung verschiedenster Gefühle haben, wobei jedoch eine positive Grundtendenz, im Sinne einer Erleichterung, vorherrscht.

Die Zeit der größten Belastung ist wahrscheinlich die Zeit, bevor die Entscheidung getroffen wurde.
Zusammengenommen ergibt sich aus den bisherigen Untersuchungen, daß ein legaler Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft vor der 12. Woche für die meisten Frauen nicht zu einer psychischen Notsituation führt. Sie scheinen dieses Ereignis vielmehr gut zu bewältigen und ihr Leben normal weiterzuführen. Wie bereits im Journal der Amerikanischen Ärztevereinigung (JAMA) publiziert, gibt es derzeit keine glaubwürdigen Hinweise auf die Existenz des sogenannten „postabortion Syndroms.“

(aus: Henry David, Transnational Family Research Institut, Bethesda, USA, in Proceedings of the congress „Abortion Matters“, Amsterdam, 1995)

„Frauen die zwei Jahre zuvor einen medikamentösen Abbruch hatten, unterscheiden sich nicht von denjenigen, die einen chirurgischen Abbruch hatten.Weder in ihrer Gesundheit, noch in ihrer psychischen Verfassung, noch beüglich ihrer Familienplanung. Nahezu alle Frauen legten jedoch großen Wert auf die freie Wahlmöglichkeit zwischen beiden Methoden des Abbruchs.“

(Medical abortion or vacuum aspiration? Two year follow up of a patient preference trial. Br J Obstet Gynaecol 1997)