Ihr Bauch gehört nicht ihr

www.zeit.de, 9. Juli 2015, von Astrid Prange

Im katholischen Lateinamerika gelten noch harte Abtreibungsgesetze. Sie sind ein Drama vor allem für sehr junge Schwangere und für Vergewaltigungsopfer. Jetzt bereist der Papst den Kontinent. Bringt er eine Wende?

Die Antworten des vergewaltigten Mädchens sind kurz, das Schweigen dazwischen währt endlos. „Wie lange hat dein Vater das mit dir gemacht?“ – „Sehr lange.“ – „Hast du es deiner Mutter erzählt?“ – „Ja.“ – „Wusstest du, dass du schwanger bist?“ – „Nein.“
20.000 Zuschauer haben dieses Fernsehinterview mit einem schwangeren Mädchen aus dem brasilianischen Recife auf der Website des Senders TV Jornal/SBT angeklickt. 4. Juli 2013: Da ist das Mädchen im dritten Monat schwanger. Vier Jahre lang wurde die Zwölfjährige vom eigenen Vater sexuell missbraucht. Wenige Tage nach dem Fernsehinterview ist sie nicht mehr schwanger. Die Familie hat sich für eine Abtreibung entschieden. Nach brasilianischer Gesetzgebung ist dies nach einer Vergewaltigung erlaubt.
Aus den kurzen Antworten, die das Mädchen damals im Fernsehen gibt, spricht ein Leid, das viele Frauen in Lateinamerika kennen. Denn der Traditionalismus des Kontinents hat eine dunkle Seite, dazu gehören häusliche Gewalt, das Schweigen der Opfer und rigide Abtreibungsvorschriften, die in mehreren Ländern die Abtreibung auch dann verbieten, wenn die Schwangerschaft gewaltsam zustande kam.

Zum Artikel: www.zeit.de
Siehe dazu auch den Film: abortionfilms.org

Podiumsdiskussion: 40 Jahre Fristenlösung in Österreich

1975 wurde der Schwangerschaftsabbruch legalisiert, verblieb allerdings im Strafgesetz und gilt weiterhin als Straftat. Die Streichung des Gesetzes – wie in Kanada bereits 1988 – ist ein wichtiger politischer Schritt in die Zukunft!

26. Mai 2015, 19 Uhr
AK Bildungszentrum
1040 Wien, Theresianumgasse 16-18

„Ungewollt schwanger: wer soll entscheiden?
40 Jahre Fristenlösung und immer noch im Strafgesetz“

Das MUVS Wien – Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch – nimmt den öffentlichen Diskurs über die Streichung der Abtreibungsparagraphen aus dem Strafgesetz wieder auf und lädt zur großen öffentlichen Podiumsdiskussion, u.a. berichten Podiumsgäste von der Streichung in Kanada seit 1988 und aus Ländern, wo Abbruch streng verboten ist, Frauen deshalb großen gesundheitlichen und rechtlichen Risiken ausgesetzt sind – und über die Online Plattform „Women on Web“, selbst Medikamente zur Abtreibung bestellen können.

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Abortion Denied: Consequences for Mother and Child

huffingtonpost.com, 06/02/2015 by David A. Grimes

Woman sitting on a bench, Yagi Studio via Getty Images

Woman sitting on a bench, Yagi Studio via Getty Images

Abortion solves a problem. When this solution is denied or inaccessible, the unwanted, dangerous, or abnormal pregnancy persists. What happens thereafter to the woman and her child?

Both common sense and empirical evidence suggest that children fare best when they are wanted and loved. Studies using many different measures concur. For example, unwanted children are at increased risk of juvenile delinquency. One study from Washington State found that children born to unwed teenagers had an 11-fold higher risk of becoming chronic juvenile delinquents than did other children. Other studies have found the combination of a complicated birth and maternal rejection to be associated with juvenile crime.

However, several landmark studies with contemporaneous comparison groups offer the greatest insight into the consequences of giving birth to an unwanted child. Longitudinal studies in Sweden and Czechoslovakia have followed women and their children forward in time from abortion denial; some of these studies have tracked their offspring for several decades. Rather than dramatic harms, these studies portray lifetimes of underachievement and social distress for the unwanted children.

Read full article: www.huffingtonpost.com

Irland: Frau wurde Abtreibung trotz Suizidgefahr verweigert

diestandard.at, 25. August 2014

Begutachtung dauerte bis zur 24. Schwangerschaftswoche, statt Abbruch wurde Kaiserschnitt durchgeführt
Die „Irish Times“ berichtete letzte Woche von einer jungen schwangeren Frau, der ein Schwangerschaftsabbruch durch Verzögerung verwehrt wurde. Die Frau wurde vergewaltigt und gab an, wegen dieser Schwangerschaft sterben zu wollen.

Frau trat in Hungerstreik

In Irland sind Abtreibungen verboten, außer wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, das impliziert auch Suizidgefahr. Um dies festzustellen, sollen die Frauen begutachtet werden – eine Prozedur, die sich im Falle der Frau bis zur 24. Schwangerschaftswoche hinzog. Erst wurde sie von einer privaten Beratungsstelle betreut, einige Woche später von Psychiatern und Gynäkologen, die erst eine legale Abtreibung verweigerten. Die Frau trat schließlich in einen Hungerstreik. Nachdem ihr Ärzte einen Abbruch in Aussicht stellten, nahm sie schließlich wieder Nahrung und Flüssigkeit zu sich. Doch dann entschieden die Ärzte, einen Kaiserschnitt durchzuführen – inzwischen war die Frau in der 24. Schwangerschaftswoche. Der Säugling befindet sich derzeit im Brutkasten.

Pro Choice-Proteste in Dublin

foto: ap/shawn pogatchnik Nach dem Tod von Savita Halappanavar, die an einer Blutvergiftung nach einer Fehlgeburt starb, gab es bereits Proteste. 2013 trat schließlich ein Gesetz in Kraft, das das Abtreibungsverbot im Falle einer Gefährdung der Mutter aufheben soll.

foto: ap/shawn pogatchnik
Nach dem Tod von Savita Halappanavar, die an einer Blutvergiftung nach einer Fehlgeburt starb, gab es bereits Proteste. 2013 trat schließlich ein Gesetz in Kraft, das das Abtreibungsverbot im Falle einer Gefährdung der Mutter aufheben soll.

Dieser Fall hat die Debatte um die restriktive Regelung zum Schwangerschaftsabbruch erneut entfacht. Die Aussetzung des Verbotes des Schwangerschaftsabbruches aufgrund einer Gefährdung der Mutter ist erst seit 2013 in Kraft. Tragische Vorfälle gab es bereits in der Vergangenheit: 2012 starb Savita Halappanavar an einer Blutvergiftung nach einer Fehlgeburt. Die Ärzte verweigerten nicht nur den Schwangerschaftsabbruch, sondern verabsäumten es auch, ihren nicht mehr überlebensfähigen Fötus zu entfernen.

Zum Artikel: diestandard.at

Weiter keine Abtreibungen im Westen

Ö1, orf,at, Morgenjournal 31.7.2014

In Tirol und Vorarlberg wird es auch in Zukunft keine Abtreibungen in öffentlichen Spitälern geben. Eine Forderung von Gesundheitsminister Stöger (SPÖ) nach flächendeckendem Angebot – also auch in Tirol und Vorarlberg – haben die Krankenanstaltenverbände abgelehnt. Die Diskussion darüber wird durchaus emotional geführt.

Innsbrucker Uniklinik dagegen

Der Gesundheitsminister will, dass Frauen die Möglichkeit haben, Schwangerschaftsabbrüche an öffentlichen Spitälern in der Nähe ihres Wohnortes durchführen zu lassen – doch Christian Marth, Leiter der Universitätsklinik in Innsbruck, hält das für den falschen Ansatz. Frauen würden zum Schwangerschaftsabbruch auch absichtlich weit weg fahren: „Wenn man da in eine Uniklinik geht, da sitzt man dann neben der Nachbarin im Warteraum – wo aus diesem Grund ja viele Frauen lieber woanders hingehen als in die nähere Umgebung.“
Zum Artikel und Audiobeitrag: oe1.orf.at

„Pille danach“: Moderne Mythen und die Notfallpille

derstandard.at, 30. Juni 2014 von Gudrun Springer

Dass es die „Pille danach“ gibt, ist zwar bekannt, dass man sie rezeptfrei erhält und wie sie wirkt, aber viel weniger. Das Gesundheitsministerium zieht nach viereinhalb Jahren verschreibungsfreier Abgabe eine positive Bilanz, sieht aber noch Aufklärungsbedarf

Wien – Sie hatte eine Welle der Entrüstung ausgelöst: Die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“. Bischof Klaus Küng warnte, „dass wegen der leichten Erhältlichkeit vor allem junge Mädchen bedenkenloser zu dieser Pille als regelmäßiges Verhütungsmittel greifen werden“. Aufseiten der ÖVP bezeichnete man den Schritt als „falsch“, weil die „Pille danach“ eine „regelrechte Hormonbombe“ sei. Auf FPÖ-Seite sah man gar die Gesundheit von Frauen gefährdet.

„Keine der Befürchtungen ist eingetreten“, resümierte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) am Montag nach rund viereinhalb Jahren rezeptfreier Herausgabe der Notfallpille – die seither nicht, wie Gegner befürchtet hätten, „wie ein Hustenzuckerl eingeworfen“ werde. Stöger beruft sich dabei auf Ergebnisse einer Umfrage von meinungsraum.at, die dem Standard vorliegen.

Zum Artikel: derstandard.at

Abtreibung: Die Hälfte der Paare hat nicht verhütet

diestandard.at, 20. Juni 2014, von Stefanie Ruep

500 Frauen nach Schwangerschaftsabbruch befragt – 43 Prozent dachten, es bestehe kein Risiko

Salzburg/Wien – Jede fünfte Frau wird bis zum Ende des gebärfähigen Alters einmal oder mehrmals ungewollt schwanger. Das zeigen die Berechnungen des österreichischen Verhütungsreports. Knapp die Hälfte der ungewollten Schwangerschaften wird abgebrochen. Bei der aktuellen Studie im Auftrag des Gesundheitsministeriums und des Frauenreferats Salzburg wurde nach der Entstehungssituation ungewollter Schwangerschaften gefragt.
Mehr als 500 Frauen, die in Salzburg, Wien oder Korneuburg eine Schwangerschaft abbrechen ließen, wurden befragt. Das Durchschnittsalter der Frauen liegt bei 28 Jahren. Nur zehn Prozent sind unter 18 Jahre alt, 43 Prozent zwischen 20 und 30.  Mehr als die Hälfte der Frauen hat bereits ein oder mehrere Kinder.

Zum Artikel: diestandard.at

Publikationen zu den Motiven für einen Schwangerschaftsabbruch in Österreich

  • 2001, „Schwangerschaftskonflikt – Motive für bzw. gegen den Schwangerschaftsabbruch“, Wimmer-Puchinger (Studie download pdf.2001)
  • 1995, „Familie und Familienpolitik in Österreich“, Gisser et al
  • 1988, „Frauen in der Beratung vor und nach der Entscheidung, Rahmenbedingungen zum Schwangerschaftsabbruch“ , Wimmer-Puchinger
  • 1988, „Frauen im Schwangerschaftskonflikt“, Wimmer-Puchinger
  • 1982, „Motive zum Schwangerschaftsabbruch“, Wimmer-Puchinger
  • 1978 , „Geburt und Abtreibung“, Münz und Pelikan

Begleitmaßnahmen/ flankierende Maßnahmen in Österreich

Im Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch wurden auch Begleitmaßnahmen behandelt:
1974 hat der Nationalrat die Vorlage der SPÖ Regierung angenommen, welche u.a. einen Passus über Begleitmaßnahmen enthält, s. Seite 19: parlament.gv.at/Pakt/VHG/XIII/I/I_00959

Weit wirksamer und humaner als jedes Strafrecht sind andere Maßnahmen, wie etwa:

  • Gewährleistung des Zuganges zu empfängnisverhütenden Mitteln für alle Bevölkerungsschichten,
  • Errichtung von Familienberatungsstellen in ganz österreich,
  • ärztliche Beratung der Frau zur Verhinderung weiterer Schwangerschaftsabbrüche,
  • umfassende Sexualerziehung an allen Schulen und
  • sachliche Information über Empfängnisverhütung auch in den Massenmedien,
  • Ausbau von Kindergärten und Einführung der Ganztagsschule,
  • sonstige Maßnahmen zur materiellen Förderung der Familie.

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Parallel zur Legalisierung des Abbruchs haben 3 Abgeordnete der FPÖ einen Entschießungsantrag im NR eingebracht (Siehe, parlament.gv.at), der einstimmig beschlossen wurde. Darin wird folgendes gefordert, bzw. beschlossen:

  • Verstärkte Aufklärung über Empfängnisverhütung, insbesondere durch Sexualerziehung in den Schulen
  • sachliche Information in den Massenmedien, um allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu den empfängnisverhütenden Mitteln zu ermöglichen
  • Ausbau, Propagierung und Förderung der Familienberatungsstelle
  • Erleichterung der Adoptionsmöglichkeiten
  • rasche Fertigstellung von Regierungsvorlagen betreffend Erhöhung der Geburtenbeihilfe und Erhöhung des Karenzurlaubsgeldes für verheiratete und ledige Mütter.
  • Weiters wird die Bundesregierung ersucht, auf die Länder und Gemeinden dahingehend einzuwirken, daß diese ebenfalls geeignete Maßnahmen im Rahmen ihres Kompetenzbereiches durchführen, wie z.B.:
  • Neubau und Ausbau von Kindergärten,
  • Ausbau der vorhandenen Schwangerenberatungsstellen zu Familienberatungsstellen,
  • Schaffung von modernen Sozialhilfegesetzen, worin insbesondere Hilfsmaßnahmen für werdende Mütter vorzusehen sind.

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Im Protokoll des Parlaments von 1985 beschreibt Dr. Hilde Hawlicek weitere flankierende Maßnahmen, welche die SPÖ umgesetzt hat: parlament.gv.at/PAKT/VHG/XVI/NRSITZ/NRSITZ_0008

Zusammenfassung der NR Rede 1985 von Dr. Hawlicek :

  • Erhöhung der Geburtenbeihilfe
  • Familienberatungsstellen in ganz Österreich etabliert
  • Mutterschutzfrist von je vier Wochen vor und nach der Geburt auf je sechs Wochen vor und nach der Geburt erhöht
  • Karenzurlaubsgeld erhöht und nicht mehr an das Einkommen des Mannes geknüpft
  • Karenzurlaubsgeld für die alleinstehenden Frauen, ich kann nicht sagen um 50 Prozent erhöht, denn vorher hatten sie kein eigenes. Sie bekommen 50 Prozent mehr als die verheiratete Frau.
  • empirische Untersuchung über die Motive zum Schwangerschaftsabbruch, die 1983 vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und vom Bundesministerium für Finanzen gemacht wurde.
  • erhöhte Familienbeihilfe für behinderte Kinder
  • Erleichterung der Adoptionsmöglichkeiten

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Alle Maßnahmen, die damals gefordert wurden sind mittlerweile bereits umgesetzt, ausser „allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu den empfängnisverhütenden Mitteln zu ermöglichen“. (Anm.: Das sind genau die Probleme, die sowohl der Verhütungsreport, als auch die aktuelle Studie und auch die klinische Erfahrung zeigen.

Hintergrundinformationen:

 

Positive Entscheidung zu Abtreibung in der Schweiz

derstandard.at, 12. Februar 2014, Leserkommentar von Petra Schweiger

Schweizer Krankenkassen bezahlen weiterhin den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft – ein wichtiges Zeichen
Die Schweizer Bevölkerung bestätigte in einer Abstimmung am vergangenen Sonntag eindrucksvoll, was in vielen westeuropäischen Ländern selbstverständlicher Standard ist: Frauen und Mädchen mit einer ungewollten Schwangerschaft werden im Rahmen der Solidargemeinschaft wie bisher kostenfrei medizinisch behandelt.

Vergleich zu Österreich
In Österreich führt die fehlende Kostenübernahme eines Schwangerschaftsabbruchs fallweise zu massiven finanziellen Problemen insbesondere bei Frauen bzw. Familien mit mehreren Kindern und geringem Einkommen. Es ist schwer nachvollziehbar, warum diese soziale Ungerechtigkeit beibehalten werden soll. Warum müssen Frauen, die regelmäßig ihre Sozialversicherungsbeiträge leisten, für dringende medizinische Behandlungskosten privat aufkommen? Und warum werden dadurch Frauen belastet, die bereits eines oder mehrere Kinder haben und einfach keine Kraft oder Unterstützung haben für ein weiteres Kind verantwortungsvoll zu sorgen?
Zum Artikel: derstandard.at