Podiumsdiskussion: 40 Jahre Fristenlösung in Österreich

1975 wurde der Schwangerschaftsabbruch legalisiert, verblieb allerdings im Strafgesetz und gilt weiterhin als Straftat. Die Streichung des Gesetzes – wie in Kanada bereits 1988 – ist ein wichtiger politischer Schritt in die Zukunft!

26. Mai 2015, 19 Uhr
AK Bildungszentrum
1040 Wien, Theresianumgasse 16-18

„Ungewollt schwanger: wer soll entscheiden?
40 Jahre Fristenlösung und immer noch im Strafgesetz“

Das MUVS Wien – Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch – nimmt den öffentlichen Diskurs über die Streichung der Abtreibungsparagraphen aus dem Strafgesetz wieder auf und lädt zur großen öffentlichen Podiumsdiskussion, u.a. berichten Podiumsgäste von der Streichung in Kanada seit 1988 und aus Ländern, wo Abbruch streng verboten ist, Frauen deshalb großen gesundheitlichen und rechtlichen Risiken ausgesetzt sind – und über die Online Plattform „Women on Web“, selbst Medikamente zur Abtreibung bestellen können.

Moderation: Angelika Hager profil

Auf dem Podium:
Rebecca Gomperts Ärztin, Women on Waves
Jula Hughes Professorin für Strafrecht, Kanada
Irmtraut Karlsson ‘Aktion Abschaffung §144’, 1972, Nationalrätin SPÖ i.R.
Eva Mückstein Psychologin, Nationalrätin der Grünen
Anja Oberkofler Juristin, Verein österreichischer Juristinnen
Katharina Weninger Bundesfrauensprecherin der Jungen Generation in der SPÖ
Christian Fiala Gynäkologe, MUVS

Anmeldung zur Veranstaltung: www.muvs.org/event

Woher kommt das Abtreibungsgesetz?

Das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs wurde in Österreich von Kaiserin Maria Theresia 1768 eingeführt. Ziel dieses Verbotes war weder der Schutz von Frauen, noch von Kindern. Es ging vielmehr darum, eine große gut ausgebildete Staatspopulation und Soldaten für die Kriege zu schaffen.

40 Jahre Fristenlösung in Österreich

1975 trat die Fristenlösung in Kraft. Der Schwangerschaftsabbruch ist seither innerhalb der ersten drei Monate straffrei – wenn er von ÄrztInnen durchgeführt wird. Allerdings verblieb der ursprünglich von Maria Theresia 1768 eingeführte Paragraph im Strafgesetz und eine Abtreibung wird vom Gesetzgeber weiterhin als Straftat behandelt, mit einem Jahr Gefängnis geahndet. Als Konsequenz wird der häufigste Eingriff in der Frauenheilkunde heute noch von den meisten Spitälern und ÄrztInnen verweigert und von den Krankenkassen nicht bezahlt. Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, werden nach wie vor kriminalisiert und Abtreibung ist weiterhin Tabu. Das Verbot hilft aber weder Frauen noch der Gesellschaft und die Streichung – wie in Kanada bereits 1988 – ist ein wichtiger politischer Schritt. Denn Abtreibungen werden nicht durch Strafgesetze verhindert, sondern durch bessere Aufklärung und Verhütung. Dort ist politisches Engagement heute gefordert.

Kanada als Vorbild? 27 Jahre Erfahrung ohne Gesetz

Am 28. Jänner 1988 erklärte der Oberste Gerichtshof in Kanada das damals geltende Gesetz zum Abbruch als verfassungswidrig und somit ungültig*. Der entsprechende Paragraph wurde ersatzlos gestrichen, weil dieser im Widerspruch zu den von der Verfassung garantierten Rechten von Frauen stand. In Kanada hat sich die Streichung aus dem Strafgesetz bewährt: Die kanadische Erfahrung zeigt deutlich, dass die medizinische Behandlung des Schwangerschaftsabbruchs kein Gesetz benötigt. Befürchtungen über eine Zunahme von Abbrüchen und Spätabbrüchen haben sich nicht bestätigt. Kanada verzeichnet eine geringere Rate an Abbrüchen als Österreich, obwohl es seit mehr als 25 Jahren kein Gesetz zum Abbruch gibt.

* „Eine Frau zu zwingen, ihre Schwangerschaft auszutragen und ihr gesetzliche Strafen anzudrohen, falls sie nicht gewisse Bedingungen erfüllt, die ohne Bezug zu ihren eigenen Prioritäten und Bedürfnissen sind, ist ein tief greifender Eingriff in den Körper der Frau und damit eine Verletzung der persönlichen Integrität.“
Hauptrichter, Brian Dickson (1988)

Welche weiteren Schritte brauchen wir in Österreich?

Das MUVS Wien fragt in einer öffentlichen Diskussion: Warum ist der Schwangerschaftsabbruch immer noch im Strafgesetz? Warum ist die Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper immer noch kriminalisiert? Wie können die Abtreibungsparagraphen aus dem Strafgesetz gestrichen werden? Welche weiteren Schritte brauchen wir in Österreich 40 Jahre nach der Fristenlösung?

Dazu berichten auf dem Podium u.a. zwei Gäste von den Erfahrungen in Kanada, wo das Abtreibungsverbot bereits 1988 ersatzlos gestrichen wurde – sowie aus Ländern, wo Abtreibung heute noch streng verboten ist, Frauen großen gesundheitlichen und rechtlichen Risiken ausgesetzt sind – und über die Online Plattform „Women-on-Web“, selbst Medikamente zur Abtreibung bestellen können.

Credits:
MUVS Wien www.muvs.org
Buch & Regie: Patricia Marchart www.visioncraft.at